Am 18.09.2015 wurde in den USA bekannt1, dass VW in einigen Modellen der Baujahre 2009 bis 2015 eine Software zur Manipulation des Ausstoßes von Stickoxiden (NOx) eingebaut hat. Diese erkennt, ob ein Fahrzeug auf dem Prüfstand ist und sorgt dann dafür, dass die NOx-Emissionsgrenzwerte eingehalten werden. Ob auch der CO2-Ausstoß betroffen ist, ist noch unklar. Was können nun Eigentümer der betroffenen Fahrzeugmarken VW, Audi, Škoda und Seat machen, damit es ihnen wirklich gut geht? Folgen Sie den 3 Schritten:
1. Schritt: Klären Sie, ob Ihr Fahrzeug betroffen ist:
1.1. Haben Sie einen VW, Audi, Škoda und Seat Baujahr 2009 bis 2015 mit einem 4-Zylinder-Dieselmotor Type EA 189 mit einem Hubraum von 1,2 l, 1,6 l und 2,0 l, der die EURO 5-Abgasnorm2 erfüllen soll?
1.2. Haben Sie eines der folgenden, in Europa betroffen Modelle? 4
VW:
Polo V, Golf VI, Golf VII, Golf Plus, Jetta VI, Beetle, Passat B7, Passat CC, Touran I, Sharan II, Tiguan, Scirocco, Amarok, Caddy und T5
Audi:
A1, A3 8P, A3 8V, A4 B8, A5, A6 C7, Q3, Q5, TT 8J
Škoda:
Fabia II, Rapid, Roomster, Octavia II, Octavia III, Superb II, Yeti
Seat:
Ibiza IV, Leon III, Toledo III, Exeo, Altea/Altea XL, Alhambra
1.3. Sind Sie VW- oder Audi-Kunde?
Überprüfen Sie (Ausnahme: Modell Amarok) Ihre VW-Fahrgestellnummer
Überprüfen Sie Ihre Audi-Fahrgestellnummer
(Auf den nationalen Webseiten der übrigen betroffenen Marken bzw. Modelle sollen demnächst ebenso Überpüfungs-Tools eingerichtet werden.5)
1.4. Kontaktieren Sie Ihren Händler.
1.5. Ist Ihr Fahrzeug betroffen
a) und Sie sind Unternehmer:
ACHTUNG FRIST: 14 Tage
ab Erkennbarkeit des Mangels sind Sie zur Mängelrüge gemäß § 377 UGB verpflichtet! Schicken Sie daher unverzüglich ein Einschreiben an Ihren Händler, in dem Sie unter Hinweis auf Ihr konkretes Fahrzeug (Marke, Type, Fahrzeugidentifikationsnummer laut Zulassungsschein sind anzuführen) rügen, dass das von Ihnen gekaufte Fahrzeug „die bekannt gegebenen, zugesicherten sowie behördlichen Emissionsgrenzwerte laut der gültigen Abgasverordnungen nicht einhält.“ Sie können dieses Einschreiben parallel dazu auch per e-mail Ihrem Händler senden.
b) und Sie sind kein Unternehmer:
2. Schritt: Mein Fahrzeug ist betroffen: Was ist zu tun?
2.2. Muss das Fahrzeug in die Werkstatt?
Laut Hersteller noch nicht.6
2.3. Kann ich weiterfahren?
Laut Hersteller ist das Fahrzeug technisch sicher und fahrbereit.6
2.4. Wie geht es in technischer Hinsicht weiter?
Sie werden vom Hersteller/Händler informiert, was wann zu tun ist.6
Folgen Sie unbedingt und fristgerecht diesen (erst kommenden) Anweisungen des Herstellers in technischer Hinsicht zur Wahrung seine sonstigen rechtlichen Ansprüche,7 aber unterschreiben Sie keine Anerkenntnis- oder Verzichtserklärungen oder ähnliches. Fordert man von Ihnen solches,
3. Schritt: Welche rechtlichen Ansprüche habe ich?
Derzeit sind die (technischen) Nachteile der betroffenen Fahrzeuge noch nicht geklärt. Abhängig davon sind folgende rechtlichen Forderungen:
Garantie:8
Darunter versteht man die – oft aus Werbegründen – freiwillige Haftung des Herstellers/Importeurs/Händlers für Neuwagen und zwar für bestimmte Neuwagenteile (Motor, Lack, Karosserie etc.). Sie ist oft auch abhängig von der Laufleistung. Die Laufzeit der Garantie ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich, auch was den Inhalt anlangt. Eine Neuwagengarantie gilt meist für zwei Jahre und zwar für alle Mängel in Werkstoff und Werkarbeit, nicht jedoch für Verschleiß. Der Anspruch besteht gegenüber dem Hersteller, Importeur oder Händler, je nach Garantieinhalt. Daher sollte man die Garantiebestimmungen genau prüfen:
Gewährleistung:9
Das ist die gesetzliche Haftung für Neuwagen und zwar für das gesamte Fahrzeug. Sie beträgt 2 Jahre ab Übergabe des Fahrzeugs. In den ersten 6 Monaten trifft den Verkäufer die Beweispflicht der Mängelfreiheit im Übergabezeitpunkt, in den folgenden 18 Monaten den Käufer, dass der Mangel bereits bei der Übergabe vorlag. Der Anspruch auf Verbesserung, Austausch oder Preisminderung10 besteht gegenüber dem Verkäufer, also dem Händler. Daher nicht lange warten:
oder Schadenersatz: 11
Es ist zwar grundsätzlich Verbesserung oder Austausch, also Lieferung eines mängelfreien Fahrzeugs zu fordern, was vom Alter des Fahrzeugs abhängen wird. Ist dies für den Hersteller, Importeur, Händler oder privaten Verkäufer unverhältnismäßig, so kann Geldersatz verlangt werden. Dies etwa für einen zu hohen Kaufpreis, einen möglicherweise schlechten Wiederverkaufswert oder auch für steuerliche Nachzahlungen (z.B. NoVA). Ein Schadenersatzanspruch verjährt im Allgemeinen binnen 3 Jahren ab Kenntnis. Daher auch hier nicht lange warten:
Kauf vom Händler:
Hier kann es zu einer Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf 1 Jahr kommen, wenn Sie dem als Käufer ausdrücklich und vertraglich festgehalten – versteckt im Kleingedruckten reicht nicht! – zugestimmt haben. Der Ausschluss der Gewährleistung ist nicht möglich. Die Beweislastregeln sind gleich.
Kauf von einem Privaten:
Achtung: Der private Verkäufer darf die Gewährleistung ausschließen.
3.3. Haben Sie ein betroffenes Modell beim Händler bestellt und noch nicht erhalten?
Hier ist ein Rücktritt vom Vertrag unter Setzung einer angemessenen Nachfrist zur ordnungsgemäßen Erfüllung (also Lieferung eines mängelfreien Fahrzeugs) durch den Händler möglich.12 Denkbar ist, sofern der Mangel wesentlich und nicht behebbar ist, auch eine Anfechtung des Vertrags wegen Irrtum13 oder Wandlung aus dem Titel der Gewährleistung.10
3.4. Haben Sie ein Leasingfahrzeug?
Hier können Sie Ansprüche an die Leasinggesellschaft stellen, so insbesondere auf Abtretung der Ansprüche, die nur dem Fahrzeugeigentümer zustehen.
Für alle weiteren, hier allenfalls nicht abgehandelten Fragestellungen:
1 Vgl Meldung der United States Environmental Protection Agency (EPA)
2 Vgl Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments
3 Vgl Volkswagen AG has issued the following information
4 Vgl Motor mit Betrugssoftware – Diese Autos sind betroffen
5 Vgl VWN
6 Vgl http://info.volkswagen.de/de/de/home.html?tab=faq
7 Sogenannte „Schadensminderungspflicht“: Der Geschädigte verletzt seine Schadensminderungspflicht, wenn er schuldhaft Handlungen unterlässt, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden und geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern (vgl etwa 25.05.2010, 8 Ob 118/10a).
8 Vgl § 880a ABGB.
9 Vgl §§ 922 ff ABGB.
10 Vgl § 932 ABGB.
11 Vgl § 933a ABGB.
12 Vgl §§ 918 ff ABGB
13 Vgl § 871 ABGB.