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Unwissenheit schützt nicht vor Strafe! Oder doch?

Von 29. November 2021 Publikationen

Der römisch-rechtliche Grundsatz gewinnt bei der sich über uns ergießenden Gesetzes- (G) und Verordnungs- (VO) Flut iVm der COVID-19-Pandemie ungewollte Aktualität: Gibt man in der Rechtsinformation des Bundes (RIS) den Suchbegriff „COVID-19“ ein, erhält man 476 Treffer, etwa das 22. (!) COVID-19-G, x-fache Änderungen des COVID-19-MaßnahmenG, -SteuermaßnahmenG, -TransparenzG, -HochschulG, -Justiz-BegleitG uvam, die 8. Novelle zur 2. COVID-19 ÖffnungsVO, 7. Novelle zur COVID-19 EinreiseVO 2021, 1. Novelle zur 5. COVID-19 SchutzmaßnahmenVO, 5. COVID-19 NotmaßnahmenVO etc. Wenn Ihnen hier schon vom Lesen schwindlig wird, kein Wunder! Trotzdem legt § 2 ABGB fest: Sobald ein Gesetz gehörig kundgemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen, dass ihm dasselbe nicht bekannt geworden sei. Die uns treffende Informationspflicht, auch im (Verwaltungs)Strafrecht, muss aber auch zumutbar sein. Zuletzt wurden VO nur wenige Stunden vor Wirksamwerden in der Nacht kundgemacht. Im RIS war die konsolidierte, sprachlich verständliche Fassung der VO nicht verfügbar. Damit ist es selbst für Rechtsanwälte (m/w/*) schwer, Mandanten als Unternehmer, Arbeitgeber oder -nehmer tags darauf rechtlich richtig zu beraten. Daher ist es höchst an der Zeit, den Gesetzgeber zu mahnen und an das Jubiläum 100 Jahre Verfassung (1.10.2020) zu erinnern (www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/100-jahre-verfassung.html): Die Verfassung enthält die Regeln über die Stellung des Einzelnen gegenüber dem Staat und insbesondere die Wahrung der Grund- und Freiheitsrechte! Sicherlich erfordern außergewöhnliche Zeiten auch außergewöhnliche Maßnahmen, doch sie müssen lebbar sein! Das ist der Staat seinen Bürgern schuldig! Dafür treten wir Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte seit 1848 ein!

Der Original-Artikel aus dem Rechtspanorama der juristischen Fachzeitschrift DIE PRESSE vom 29.11.2021 kann hier nachgelesen werden.

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