Der Bezug eines Wohnkostenzuschusses durch einen Beamten bei Auslandsverwendung erhöht die Unterhaltsbemessungsgrundlage
Der OGH entschied, dass der Wohnkostenzuschuss gemäß § 21c GehG, der einem Beamten, der im Ausland im Einsatz ist, gebührt, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage für Kindesunterhalt dann einzubeziehen ist, wenn dieser keinen Wohnsitz mehr in Österreich hat. Dies hat mit dem einer angemessenen Wohnversorgung im Inland entsprechenden Teil zu erfolgen, wenn dieser Zuschuss wegen des Preisniveaus am Dienstort überdurchschnittlich hoch ausfällt.
Gleiches gilt, wenn eine Wohnung im Inland weder aus dienstlichen Gründen, noch zur notwendigen Wohnversorgung von im Inland gebliebenen Familienmitgliedern erfolgte. Es handelt sich vielmehr um eine permanente Zweit- oder Ferienwohnung, die während der Heimaturlaube zu Erholungszwecken genutzt wird.
Es kommt daher auch nicht darauf an, ob diese Wohnung kostengünstiger ist als wiederholte Hotelaufenthalte (…). Abgesehen davon, dass diese Argumentation das notorische Angebot an temporären Ferienappartements außer Acht lässt, deren Vorteil in den nur während des tatsächlichen Aufenthalts anfallenden Kosten besteht, gehört die Gestaltung der Erholungs- und Urlaubszeit grundsätzlich zum privaten Bereich des Unterhaltspflichtigen und rechtfertigt keinen Abzug von der Bemessungsgrundlage.
(vgl 29.08.2019, 8 Ob 48/19w ; iFamZ 2019, 298; Zak 2019/673)
Familienbonus: Keine Aufteilung auf einzelne Kinder, weil für alle eine einheitliche Unterhaltsbemessungsgrundlage gilt
Beim Familienbonus Plus handelt es sich um keine direkt an den Unterhaltsschuldner ausgezahlte Kinderzuschussleistung, sondern um einen echten Steuerabsetzbetrag (Steuerreduktionsbetrag), der unter bestimmten Voraussetzungen die Steuerlast vermindert und zu einer Steuerersparnis führt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Familienbonus Plus nicht zu einer Negativsteuer führen und daher nur so weit wirksam ausgeschöpft werden kann, bis sich die Einkommensteuer auf Null reduziert.
Dies führt dazu, dass der Familienbonus Plus bei mehreren Kindern – abhängig vom Einkommen des Unterhaltsschuldners – nicht für jedes Kind und jedenfalls nicht für jedes Kind im selben Ausmaß ausgeschöpft werden kann und es daher von Zufälligkeiten abhängt, für welches Kind der Familienbonus Plus letztlich gewährt wird. Die Zuordnung des steuerlich wirksamen Betrags zu einem bestimmten Kind wäre somit willkürlich.
Dies spricht dafür, dass in einem Fall wie dem hier vorliegenden aus unterhaltsrechtlicher Sicht der gesamte vom Unterhaltsschuldner ausschöpfbare Familienbonus Plus zu berücksichtigen und in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Diese Ansicht wird durch die Überlegung bestätigt, dass eine echte Steuerersparnis das Nettoeinkommen des Unterhaltsschuldners erhöht und es – abgesehen von kind- und zweckgebundenen Direktleistungen an den Unterhaltsschuldner – grundsätzlich nur eine einheitliche Unterhaltsbemessungsgrundlage gibt. Darüber hinaus wird bei der Unterhaltsbemessung dem Umstand, dass mehrere unterhaltsberechtigte Kinder vorhanden sind, nicht im Rahmen der Unterhaltsbemessungsgrundlage, sondern dadurch Rechnung getragen, dass für weitere Sorgepflichten eine Reduktion der Prozentsatzkomponente erfolgt.
(vgl 22.08.2019, 4 Ob 139/19y ; iFamZ 2019, 298; Zak 2019/672 mit zutreffender Anmerkung von Kolmasch, wonach in diesem Fall nicht zu prüfen war, ob der Familienbonus bei der Anrechnung der Transferleistungen zugunsten des Kindes berücksichtigt wird oder nur in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen wird.)
Anspannungspflicht des unterhaltsberechtigten, geschiedenen Ehegatten zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegenüber dem Schädiger
Im Anlassfall war im Scheidungsvergleich geregelt, dass die Frau einen temporären Ehegattenunterhalt erhält und ab einem bestimmten Tag dann auf diesen verzichtet. Jahre später wurde sie bei einem Verkehrsunfall verletzt. Ihr Unfallgegner und dessen KFZ-Haftpflichtversicherer wurden urteilsmäßig einerseits zum Schadenersatz ihr gegenüber verpflichtet und es wurde andererseits die Haftung ihres Unfallgegners und seines KFZ-Haftpflichtversicherers für sämtliche künftige Schäden aus dem Verkehrsunfall festgestellt.
Die Frau klagte den Ex-Ehemann auf Unterhalt und berief sich dabei auf eine maßgebliche Änderung jener Umstände, die dem Unterhaltsverzicht zugrunde gelegt worden seien, insbesondere auf ihre unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Einkommenslosigkeit. Die Frau machte damit im Sinn dieser Vorentscheidung ausschließlich einen „wiederaufgelebten“ Unterhaltsanspruch nach § 69a Abs 1 EheG geltend. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse (Einkommensverlust und Erwerbsunfähigkeit sowie vermehrte Bedürfnisse aufgrund des Verkehrsunfalls) kann grundsätzlich zu einer Neubestimmung des im Scheidungsvergleich vereinbarten Unterhaltsanspruchs entsprechend den im Vergleich festgehaltenen Relationen führen. Die Klägerin trifft jedoch eine Anspannungsobliegenheit. Sie hätte Ansprüche auf Verdienstentgang und den Ersatz der Kosten vermehrter Bedürfnisse (§ 1325 ABGB) gegen den Unfallgegner und dessen Haftpflichtversicherer geltend machen müssen. Ihre Klage wurde aus diesem Grund in allen drei Instanzen abgewiesen.
(vgl 13.09.2019, 10 Ob 53/19w ; Zak 2019/674)