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Erfolg bei der Verhinderung einer Umbestellung der Erwachsenenvertretung

Von 9. Juli 2020 Juli 13th, 2020 Zivilrecht

Im Jahre 2006 wurde ich zum Sachwalter (nunmehr Erwachsenenvertreter) des Betroffenen bestellt, der sich seit Jahren und laufend in einer geeigneten Einrichtung außerhalb von Wien in stationärer Dauerbetreuung befindet. Über amtswegige Anfrage des Erstgerichts gab der Erwachsenenschutzverein jenes Bundeslands, in dem der Betroffene aufhältig ist, bekannt, zur Übernahme der gegenständlichen Erwachsenenvertretung bereit zu sein. Darauf enthob mich das Erstgericht und bestellte den Erwachsenenschutzverein zum neuen gerichtlichen Erwachsenenvertreter.

Das Erstgericht legte § 274 ABGB so aus, dass auch bei einer bestehenden Erwachsenenvertretung vorrangig ein Erwachsenenschutzverein auszuwählen sei, zumal keine, vorwiegend Rechtskenntnisse erfordernden Angelegenheiten anstünden und auch eine beträchtliche räumliche Distanz zwischen dem Wohnort des Betroffenen und meinem Kanzleisitz bestehe, sodass mit der Übertragung der Erwachsenenvertretung vorzugehen sei. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Der OGH erachtete meinen dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs aus Gründen der Rechtssicherheit für zulässig und auch berechtigt (24.04.2020, 7 Ob 49/20m):

Eine Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung auf eine andere Person hat nach § 246 Abs 3 Z 2 ABGB dann zu erfolgen, wenn der Vertreter verstorben ist, nicht die erforderliche Eignung aufweist, durch die Vertretung unzumutbar belastet wird oder es sonst das Wohl der vertretenen Person erfordert. Nur der letztgenannte Übertragungsgrund kommt hier in Frage. … Auch die neue Rechtslage gewährleistet weder eine Übertragung allein aufgrund einer Wunschäußerung der betroffenen Person, noch eine freie Auswahl des (gerichtlichen) Erwachsenenvertreters (vgl RS0132245; 8 Ob 164/18b mwN).

Das Wohl der betroffenen Person ist nicht ausschließlich von einem materiellen Gesichtspunkt aus zu beurteilen, sondern es ist auch auf ihre Befindlichkeit und ihren psychischen Zustand abzustellen (RS0117813 [T7]), im Allgemeinen ist eine stabile Betreuungssituation wünschenswert, weshalb es nur aus besonderen Gründen zu einer Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung kommen soll (vgl RS0117813 [T10], 8 Ob 164/18b).

Zum Erwachsenenvertreter ist nach § 274 Abs 1 ABGB vorrangig mit deren Zustimmung die Person zu bestellen, die aus einer Vorsorgevollmacht, einer Vereinbarung einer gewählten Erwachsenenvertretung oder einer Erwachsenenvertreter-Verfügung hervorgeht. Ist eine solche Person nicht verfügbar oder geeignet, so ist nach Abs 2 leg cit mit deren Zustimmung eine der volljährigen Person nahestehende und für die Aufgabe geeignete Person zu bestellen. Kommt auch eine solche Person nicht in Betracht, so ist nach Abs 3 leg cit ein Erwachsenenschutzverein mit dessen Zustimmung zu bestellen. Ist auch die Bestellung eines solchen nicht möglich, so ist nach Abs 4 leg cit ein … Rechtsanwalt … zu bestellen.

Nach Abs 5 leg cit ist ein … Rechtsanwalt vor allem dann zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein Erwachsenenschutzverein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der Erwachsenenvertretung verbunden sind. Zwar ist das Pflegschaftsgericht grundsätzlich an diesen gesetzlichen Stufenbau gebunden, weshalb auch ein Abgehen davon sachlich gerechtfertigt sein muss (Parapatits in Kletečka/Schauer ABGB-ON1 04 § 275 Rz 11).

Dieser vom Gesetz angeordnete Vorrang der Vertretung durch den Erwachsenenschutzverein allein kann aber zu keiner Übertragung der Erwachsenenvertretung führen. Wie ausgeführt, kommt im vorliegenden Fall die Übertragung der Erwachsenenvertretung lediglich dann in Betracht, wenn sie dem Wohl des Betroffenen entspricht. Zur Beurteilung, ob die Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung von dem seit 14 Jahren betrauten Rechtsanwalt – trotz ebenfalls bereits länger bestehender räumlicher Distanz – auf den Erwachsenenschutzverein dem Wohl des Betroffenen entspricht, bedarf es zumindest eines verwertbaren Tatsachensubstrats, das hier fehlt. … Im vorliegenden Fall erfolgte die Übertragung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung durch das Erstgericht amtswegig ohne erklärten Grund, weshalb mit einer ersatzlosen Behebung der Beschlüsse der Vorinstanzen vorzugehen ist.

Dr. Eric HEINKE

Lesen Sie hier die Original-Entscheidung des OGH

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