Einvernehmliche Ehescheidungen sind oft einfacher und rascher als streitige. Die Forderung der Österreichischen Notariatskammer an die neue Regierung, zur Entlastung der Justiz, Notaren als Gerichtskommissären die vollständige Abwicklung von einvernehmlichen Scheidungen zu übertragen, ist eine Art Schummelpackung: Was auf den ersten Blick unkompliziert wirkt, birgt viele Probleme, die für Betroffene schwerwiegende Folgen haben könnten. Gerichte sind die einzige neutrale Instanz. Sie prüfen sorgfältig, ob ein Scheidungsfolgenvergleich fair ist, die Rechte beider Parteien und gemeinsamer Kinder schützt. Notare sind vor allem darauf spezialisiert, Verträge zu erstellen, und nicht, Konflikte zu lösen oder faire Lösungen zu garantieren. Besonders in emotionalen und rechtlich komplexen Verfahren rund um eine Scheidung ist es wichtig, dass ein unabhängiges Gericht die Interessen beider Parteien gleich berücksichtigt. Ein Wechsel vom streitigen Scheidungsverfahren hin zu einem einvernehmlichen würde zudem zu unnötigem Chaos führen und könnte das Verfassungsrecht auf ein faires Verfahren beeinträchtigen. Verfahren müssten erst bei Gericht beginnen, dann aber zum Notar wechseln. Das kostet Zeit, Geld und Nerven, führt zu unnötiger Doppelgleisigkeit und gefährdet effektiven Rechtsschutz durch Verzögerungen oder Zuständigkeitskonflikte. Versierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind in solchen Verfahren unverzichtbar. Nur sie vertreten die Interessen ihrer Parteien. Eine einvernehmliche Scheidung ist ein sensibler Prozess. Um ihn fair und sicher zu gestalten, braucht es weiterhin Gerichte und erfahrene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (zu finden unter www.oerak.at). Alles andere wäre eine riskante Schummelpackung für die Betroffenen.
Der gesamte Artikel aus dem Rechtspanorama der Tageszeitung DIE PRESSE vom 02.12.2024 kann hier nachgelesen werden.