Skip to main content
News

ANWALTLICHE VERSCHWIEGENHEIT – EIN SCHWEIZER KÄSE?

Von 28. November 2022 Publikationen

Schon 1495 ist in der Reichskammergerichtsordnung Kaiser Maximilians I geregelt, dass Advocaten Dinge, die sie erfahren haben, iren Partheyen tzu Schaden nyemand offenbarn dürfen. § 9 Abs 2 RAO lautet: Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit über die ihm anvertrauten Angelegenheiten und die ihm sonst in seiner beruflichen Eigenschaft bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse seiner Partei gelegen ist, verpflichtet. Er hat in gerichtlichen und sonstigen behördlichen Verfahren nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften das Recht auf diese Verschwiegenheit. Mit Art 6 EMRK soll das Recht auf ein faires Verfahren und Art 8 EMRK das Recht auf Privatsphäre der Mandanten geschützt werden. Zunehmend wird dieser Schutz gesetzlich durchlöchert, zu Recht bei Geldwäscherei, aber auch umgangen, etwa bei Sicherungsmaß- oder Beschlagnahmen bei strafrechtlichen Ermittlungen. Sogar Staatstrojaner werden als Schadsoftware gegenüber Rechtsanwaltskanzleien eingesetzt (vgl Schlagzeile DIE PRESSE 24.11.2022), damit staatliche Nachrichtendienste an vertrauliche Informationen kommen, denn sonst müsste man bei Amerikanern, Israelis oder Chinesen diese Informationen kaufen. Österreich wird sogar als Spyware-Hotspot bezeichnet. Seit Jahren fordert die Rechtsanwaltschaft die verfassungsrechtliche Verankerung ihrer Verschwiegenheitspflicht. Geschehen ist bisher nichts. Dabei geht es nicht um den Schutz der Rechtsanwaltschaft, sondern um den Schutz der Mandanten. Wenn der Staat seinen Bürgern den Schutz einer vertraulichen Kommunikation mit ihrem Rechtsanwalt oder ihrer Rechtsanwältin als Verfassungsrecht verwehrt, dann ist die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht nichts wert und löchrig, wie ein Schweizer Käse!

Der gesamte Artikel aus dem Rechtspanorama der Tageszeitung DIE PRESSE vom 28.11.2022 kann hier nachgelesen werden.

 

Leave a Reply