Die Anlehnung an den Werbeslogan der Tischler ist bewusst gewählt: Bis zu einem gewissen Grad sind nämlich – selbst im Zeitalter der Digitalisierung – auch Rechtsanwälte „Handwerker“. In Zeiten von Pandemie und Videokonferenzen und
-gerichtsverhandlungen, also kontaktloser Betreuung Rechtssuchender, gewinnen Befürworter des umfassenden Einsatzes künstlicher Intelligenz (KI) scheinbar kritiklos die Oberhand. Ohne KI kommen Rechtsanwälte freilich nicht aus: Rechtsdatenbanken, elektronischer Rechtsverkehr, Claim Management Software bei Massen- oder Sammelklagen, generierte Massenverträge oder LegalTech in der Rechtsberatung gehören zum Alltag. Wenn aber KI vollständig autonom Urteile fällt, die nur auf Daten aus von Parteien hochgeladenen Dokumenten beruhen, wankt das Verfassungsrecht auf den gesetzlichen Richter und die Glaubwürdigkeit von Personen wird unbeachtlich. Seit 2019 werden in Estland Prozesse unter EUR 7.000 von KI entschieden. Algorithmen fällen in den USA bereits Urteile über Strafausmaß und Kautionshöhe. Programme wie Justiz 3.0, Info-Plattformen wie das Europäische Justizportal oder der Deutsche EDV-Gerichtstag sind zu begrüßen, Urteile eines Roboter-Richters Im Namen des Algorithmus aber abzulehnen. Bei der Präsentation der EU-Digitalstrategie (20.02.2020) sagte die Kommissionspräsidentin: „KI muss den Menschen dienen, ihren Rechten folgen.“ Viele Rechtsbereiche, etwa Familien- oder Strafrecht, sind stark von Empathie, Glaubwürdigkeit und persönlicher Beratung und Betreuung geprägt. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, (…) die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten (§ 9 RAO). Dies sicherlich mit, aber nicht ersatzweise durch KI, denn:
Ihr Rechtsanwalt macht’s persönlich!
Der Original-Artikel aus dem Rechtspanorama der Tageszeitung DIE PRESSE vom 07.12.2020 kann hier nachgelesen werden.