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Kindesunterhalt – Allgemein und die aktuellen Sätze

Von 8. Oktober 2019 Oktober 10th, 2019 Blog, Familienrecht

A) DIE AKTUELLEN DURCHSCHNITTS-BEDARFSÄTZE AB 01.07.2019:

Alter 2019/2020 2018/2019 2017/2018 2016/2017
00-03 Jahre 212,00 208,00 204,00 200,00
03-06 Jahre 272,00 267,00 262,00 257,00
06-10 Jahre 350,00 344,00 337,00 331,00
10-15 Jahre 399,00 392,00 385,00 378,00
15-19 Jahre 471,00 463,00 454,00 446,00
19-28 Jahre 590,00 580,00 569,00 558,00

Unter dem Durchschnittsbedarf (= Regelbedarf) versteht man jenen Bedarf, den jedes Kind einer bestimmten Altersstufe in Österreich ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse seiner Eltern an Nahrung, Kleidung, Wohnung und zur Bestreitung seiner weiteren Bedürfnisse, wie etwa kulturelle und sportliche Betätigung, sonstige Freizeitgestaltung und Urlaub hat (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 571, 2.).
Er bildet nach ständiger Judikatur nur den Mindestunterhalt (LGZ Wien 07.08.1996 
EF 79.918 uvam). 

Die neuen Durchschnittsbedarfsätze gültig von 01.07.2019 bis 30.06.2020

Der Rechtsmittelsenat 43 des Landesgerichts für ZRS Wien (43 Nc 9/19d) hat im Juli 2019 – wie in den Vorjahren – die sich durch die Veränderung im Verbraucherpreisindex 1966 (Stand Mai 2019: 536,7) ergebenden Änderungen in den Verbrauchsausgaben der von Danninger (vgl Ehe und Familie, Juni 1970, ÖA 1972, 17) erläuterten Durchschnittsfamilie („Normalfall“), bestehend aus 2 Erwachsenen und 2 Kindern mit einem durchschnittlichen Verbrauchsausgaberahmen von € 1.433,00 bis € 2.099,00, wie oben ersichtlich, bekanntgegeben.

B) PROZENTUELLER UNTERHALTSSATZ („Kindesunterhalt alt“)

Alter   Prozent des monatlichen Nettoeinkommens
00-06 Jahre: 16 %
06-10 Jahre: 18 %
10-15 Jahre: 20 %
ab 15 Jahre:  22 %

 Zur Unterhaltsbemessungsgrundlage:

Bei Selbständigen ist zur Ermittlung des monatlichen Nettoeinkommens 
(= Jahresnettoeinkommen : 12) im Regelfall der Durchschnitt der letzten 3 Jahre heranzuziehen. Doch Vorsicht: Als Nettoeinkommen wird nicht 1:1 jener Betrag herangezogen, der netto nach der (einkommens)steuerlichen Veranlagung bleibt. Einkommenssteuerbescheide sind nämlich nach ständiger Judikatur für sich alleine nicht als Unterhaltsbemessungsgrundlage heranzuziehen (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 199, 1). Maßgeblich ist der tatsächlich verbleibende Reingewinn 
(= reale Einnahmen abzüglich realer Betriebsausgaben und der Zahlungspflicht für einkommens- und betriebsgebundene Steuern sowie öffentliche Abgaben). Daher fallen (erhöhend) in die Unterhaltsbemessungsgrundlage etwa steuerlich absetzbare Beträge oder auch Steuerbegünstigungen, denen keine Einkommensminderung bzw. effektive Ausgaben gegenüberstanden (zB AfA, Abschreibungen, Investitionsfreibetrag oder -rücklage etc.). Doch Achtung: Als Unterhaltsbemessungsgrundlage können auch die Privat- oder Naturalentnahmen (dazu zuletzt 26.06.2018, 10 Ob 23/18g) herangezogen werden und zwar selbst dann, wenn der Unterhaltspflichtige höhere Entnahmen tätigt, als es dem Reingewinn entspricht (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 207). In Gutachten von Buchsachverständigen, die zur Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlagen in Unterhaltsverfahren bei Selbständigen eingeholt werden, werden daher immer auch Berechnungen zu den Entnahmen angestellt. Die Gerichte „bedienen“ sich dann meist der höheren, sich nach den beiden Berechnungsmethoden ergebenden Unterhaltsbemessungsgrundlagen. Daher gilt für Selbständige: Vorsicht bei den Entnahmen!

Bei unselbständig Erwerbstätigen entspricht die Unterhaltsbemessungsgrundlage dem Arbeitsentgelt. Im Regelfall wird das gesamte Nettoeinkommen des letzten Jahres herangezogen; somit beträgt das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen 1/12 davon. Jedoch je schwankender das Einkommen ist, ein desto längerer Beobachtungszeitraum wird herangezogen. In die Unterhaltsbemessungsgrundlage fallen nach Abzug der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeträge etwa auch das Feiertagsgeld, das Krankengeld, die Sonderzahlungen, aber auch all jene Aufwandsentschädigungen, die nicht für einen entsprechenden berufsbedingten Mehraufwand verwendet werden. Die Judikatur dazu ist umfangreich: manche Diäten, Reisekosten, Zulagen oder sonstige Einkommensbestandteile werden ganz oder nur teilweise eingerechnet.

Anspannungsgrundsatz: Wenn die tatsächlich erzielten Einkünfte des Unterhaltspflichtigen fehlen oder in auffälliger Weise hinter den nach den Umständen gerechtfertigten Erwartungen zurückbleiben, wird die Unterhaltsbemessungsgrundlage danach ermittelt, was der Unterhaltspflichtige bei Einsatz aller persönlichen Fähigkeiten, also seiner Leistungskraft unter Berücksichtigung seiner Ausbildung und seines Könnens, ins Verdienen hätte bringen können. Es wird also ein fiktiv erzielbares Einkommen, meist durch Gutachten, ermittelt, das dann zur Berechnung des Unterhalts herangezogen wird. Selbst zB bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit kommt es darauf an, ob der Unterhaltspflichtige alles unternimmt, um wieder einer geregelten Arbeit nachzugehen. Auch vor „Umgehungskonstruktionen“ ist zu warnen: § 1 Unterhaltsschutzgesetz (USchG) lautet: Geht jemand, der gesetzlich zur Leistung von Unterhalt verpflichtet ist, keinem Erwerb nach, der ihm die Erfüllung dieser Pflicht ermöglichen würde, und gewährt ihm ein Dritter in Kenntnis dieser Pflicht Unterhalt, ohne seinerseits hiezu gesetzlich verpflichtet zu sein, so haftet der Dritte dem Unterhaltsberechtigten als Bürge und Zahler für die Unterhaltsschulden, die auf die Zeit der Unterhaltsgewährung entfallen.

Da die Judikatur zur Unterhaltsbemessungsgrundlage bei selbständig wie unselbständig Erwerbstätigen sehr umfangreich ist und eine Darstellung den Rahmen hier sprengen würde, ist eine individuelle Überprüfung bzw. Berechnung erforderlich. Zur konkreten Berechnung kontaktieren Sie bitte in unserer Kanzlei Herrn Dr. Eric HEINKE unter der Tel.-Nr.: 01/532 26 16 oder unter office@heinke.at.

Liegt der nach der Prozentsatzmethode errechnete Betrag über dem Regelbedarf, ist der höhere maßgeblich (LGZ Wien 07.08.1996 EF 79.924 uvam). Eine angemessene Obergrenze ist für Kinder unter 10 Jahren das 2-fache, für Kinder über 10 Jahren das 2½-fache des Regelbedarfs (LGZ Wien 04.01.1996 uvam zuletzt 27.03.2014, 
1 Ob 15/14h; sogenannte/r Playboygrenze oder Unterhaltsstop).

Abzüge bei konkurrierenden Unterhaltspflichten:

1 % pro weiterem Kind unter 10 Jahren

2 % pro weiterem Kind über 10 Jahren

0 % – 3 % pro weiteren (Ex-)Ehegatten, je nach dessen Einkommen oder nach Höhe der Sorgepflicht.

C) ANRECHNUNG DER FAMILIENBEIHILFE AUF DEN UNTERHALT 
UND BERÜCKSICHTIGUNG DES FAMILIENBONUS PLUS

Der OGH hat in mehreren bahnbrechenden Entscheidungen (19.11.2002, 4 Ob 52/02d; 26.11.2002, 1 Ob 79/02b; 28.11.2002, 3 Ob 141/02k) zur Anrechnung der Familienbeihilfe auf den Unterhalt ausgesprochen:

Bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht nur der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern auch die steuerliche Entlastung des Unterhaltspflichtigen bewirken soll.

Zur Berechnungsweise:

Kindesunterhaltsanspruch = Prozentunterhalt – (Prozentunterhalt × Grenzsteuersatz × 0,004) + Unterhaltsabsetzbetrag

Der Grenzsteuersatz beträgt bei einem Jahresbruttoeinkommen über € 11.000,00 bis 
€ 18.000,00 25 %, über € 18.000,00 bis € 31.000,00 35 %, über € 31.000,00 bis 
€ 60.000,00 42 %, über € 60.000,00 bis € 90.000,00 48 % und über € 90.000,00 50%:
https://www.bmf.gv.at/steuern/selbststaendige-unternehmer/einkommensteuer/est-steuertarif.html#heading_Steuertarif

Der Unterhaltsabsetzbetrag beträgt für das 1. Kind € 29,20, für das 2. Kind € 43,80 und für jedes weitere Kind € 58,40:
https://www.bmf.gv.at/steuern/selbststaendige-unternehmer/einkommensteuer/est-steuertarif.html#heading_Steuerabsetzbetraege

Mit 01.01.2019 wurde der Kinderfreibetrag durch den Familienbonus Plus ersetzt. Dieser ist als Steuerabsetzbetrag ausgestaltet, beträgt jährlich EUR 1.500,00 pro minderjähriges Kind und steht den Eltern im Regenfall je zur Hälfte zu. Die entsprechende Auswirkung auf die Unterhaltsbemessung ist jedoch noch nicht geklärt und wird hier eine Entscheidung des OGH abzuwarten sein.

Die überwiegende Literatur spricht sich aber bereits dafür aus, den Familienbonus Plus genauso wie den früheren Kinderfreibetrag als einen „zusätzlichen Absetzbetrag“ für den geldunterhaltspflichtigen Elternteil zu behandeln. In diesem Fall würde der Familienbonus Plus ein „Nullsummenspiel“ für den geldunterhaltspflichtigen Elternteil darstellen und mittelbar dem Kind zugutekommen bzw. praktisch gesehen zur Gänze (monatlich EUR 125,00) in den Haushalt des betreuenden Elternteils fließen: Eine Hälfte des Familienbonus Plus macht der betreuende Elternteil direkt geltend (sofern er berufstätig ist), um die andere Hälfte erhöht sich die Unterhaltsleistung des unterhaltspflichtigen Elternteils. Ist der betreuende Elternteil nicht berufstätig, erhöht sich die Unterhaltsleistung um den gesamten Familienbonus Plus, den in diesem Fall regelmäßig der geldunterhaltspflichtige Elternteil beziehen wird.

Entsprechend dieser Ausführungen geht dieser Teil der Literatur davon aus, dass die Formel für die Familienbeihilfenanrechnung ab 01.01.2019 zu adaptieren ist und wie folgt zu lauten habe:

Kindesunterhaltsanspruch = Prozentunterhalt – (Prozentunterhalt × Grenzsteuersatz × 0,004) + Unterhaltsabsetzbetrag + (halber) Familienbonus Plus

Demgegenüber werden in der Literatur und Praxis auch anderslautende Meinungen vertreten, wonach einer Berücksichtigung des Familienbonus Plus in der Anrechnungsformel der Familienbeihilfe nicht zuzustimmen ist und vielmehr der Familienbonus Plus nur bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage des unterhaltspflichtigen Elternteils zu berücksichtigen sei. Diesfalls würde die Steuerersparnis nur im Ausmaß der Unterhaltsquote nach der Prozentwertmethode (siehe Punkt B) an das unterhaltsberechtigte Kind teilhaben und zumindest auch eine teilweise Erleichterung beim unterhaltspflichtigen Elternteil eintreten. Dies entspricht der überwiegenden Rechtsprechung zum Umgang mit diversen Familienzuschlägen, Kinderzuschlägen und Kinderzuschüssen.

Eine weitere Möglichkeit wäre die gänzliche Vernachlässigung des Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung. In diesem Fall würde die Steuerersparnis beiden getrenntlebenden Elternteilen in vollem Ausmaß zur freien Verfügung stehen und würde diese zu gleichen Teilen entlasten. Eine Weitergabe an das unterhaltsberechtigte Kind wäre nicht gegeben. Diese Variante würde wohl am ehesten den politischen Ankündigungen entsprechen, laut ersten Stimmen des OGH ist eine entsprechende höchstgerichtliche Entscheidung jedoch unwahrscheinlich.

Jedenfalls bereits klar ist, dass auch im Bereich des Familienbonus Plus der Anspannungsgrundsatz gilt: Könnte der geldunterhaltspflichtige Elternteil den Familienbonus Plus zur Hälfte beziehen oder weiß er, dass der andere Elternteil kein Einkommen (und damit keine Steuerersparnis) hat und er sohin 100% des Familienbonus Plus geltend machen könnte, tut dies aber nicht, so ist dies im Rahmen der Anspannung zu seinen Lasten zu berücksichtigen.

Zur konkreten Berechnung kontaktieren Sie bitte in unserer Kanzlei Herrn Dr. Eric HEINKE unter der Tel.-Nr.: 01/532 26 16 oder unter office@heinke.at.

D) WEITERE UMSTÄNDE DER ANRECHNUNG AUF DEN UNTERHALT

Bei Selbständigen können sich uU Investitionen bzw Abschreibungen oder Kredite betragsmäßig senkend auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage auswirken (vgl Siart und Dürauer, Die Auswirkungen von Investitionen, Abschreibungen und Krediten auf die Unterhaltsbemessung, EF-Z 2010, 124).

Der Unterhaltsbedarf eines Kindes verringert sich dann, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil dem Kind eine kostenlose Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellt (vgl 4 Ob 41/05s). Es ist grundsätzlich der fiktive Mietwert als Naturalunterhalt, allerdings nur in angemessenen Umfang anzurechnen. Wo diese Angemessenheitsgrenze liegt, ist im Einzelfall zu prüfen (vgl 7 Ob 95/05d; 6 Ob 5/08s). Laut Statistik Austria entfallen im Durchschnitt 23,8 % der Haushaltsausgaben auf Wohnkosten, was als Maßstab herangezogen werden kann (vgl Verbrauchsausgaben Hauptergebnisse der Konsumerhebung 2009/2010, Seite 11). Natürlich sind seit der genannten Konsumerhebung schon wieder rund 5 Jahre vergangen, weshalb man wohl mit rund 25 % rechnen kann. Laut Judikatur bedarf aber dann, wenn sich der Geldunterhalt aufgrund des Naturalunterhalts durch Versorgung mit einer Wohnung um mehr als ein Viertel mindert, einer Überprüfung, ob der restliche Unterhalt noch zur angemessenen Deckung der Restbedürfnisse ausreicht (vgl 4 Ob 42/10w = 
EF-Z 2010/133).

Erhöhte Betreuungsleistungen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils sind anrechenbar. Bei gleichwertigen Betreuungs- und Naturalunterhaltsleistungen der Eltern für das Kind besteht kein Geldunterhaltsanspruch, wenn das Einkommen der Eltern etwa gleich hoch ist (vgl 4 Ob 74/10a = EF-Z 2010/135).

Auch erhöhte Kontaktrechtskosten können zu einer Anrechnung führen: Ein die übliche Dauer (das ist in der Regel 1 Tag pro Woche oder 4 Tage pro Monat, also etwa ein 14-tägiges Wochenendkontaktrecht) überschreitendes Kontaktrecht führt pro weiterem wöchentlichen Kontakttag (also insgesamt ab 2 Tagen pro Woche = 8 Tage pro Monat) zu einer Reduktion des Unterhaltsanspruch um 10 % [seit dem Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 (KindNamRÄG), BGBl I 2013/15, heißt das Besuchsrecht => Kontaktrecht; vgl 10 Ob 11/04x = EF-Z 2006/11 (Gitschthaler); 7 Ob 178/06m].

Bei gleichwertigen Betreuungsleistungen, wenn also kein Elternteil mindestens 2/3 der Betreuung durchführt, und Naturalleistungen getrennt lebender Elternteile besteht kein Geldunterhaltsanspruch des Kindes gegen einen der beiden Elternteile, wenn deren Einkommen etwa gleich hoch sind bzw. beide über ein Einkommen verfügen, das jeweils zu über der Luxusgrenze liegenden Geldunterhaltsansprüchen des Kindes führt. Bei weitergehenden Einkommensdifferenzen hat das Kind gegenüber dem besser verdienenden Elternteil einen dessen Betreuungsleistungen ergänzenden angemessenen Geldunterhaltsanspruch. Dieser wird wie folgt ermittelt:

  1. der (fiktive) Geldunterhaltsanspruch jedes Elternteils nach der Prozentwertmethode [vgl Punkt B) oben];
  2. dann ist die Familienbeihilfe im Verhältnis dieser (fiktiven) Geldunterhaltsansprüche aufzuteilen und bei jenem Elternteil abzuziehen, der die Familienbeihilfe nicht bezieht;
  3. aufgrund der gleichteiligen Betreuung ist von dem zu Punkt 2. ermittelten Betrag die Hälfte zu nehmen und von diesem der laut Punkt 1. nach der Prozentwertmethode ermittelte Hälftebetrag des die Kinderbeihilfe beziehenden Elternteils abzuziehen; die Differenz ist dann der dem Kind zustehende Unterhaltsbetrag.

(vgl 17.09.2015, 1 Ob 158/15i = EF-Z 2016/16)

Freilich sind Eigeneinkünfte des Kindes, sei es Natural-, sei es Geldleistungen, grundsätzlich immer, allerdings nur das Nettoeinkommen, anzurechnen. So zB die Lehrlingsentschädigung, sofern sie nicht als Ausgleich für berufsbedingten Mehraufwand außer Betracht bleibt; Präsenzdiener gelten üblicherweise auf Dauer des Präsenzdienstes als selbsterhaltungsfähig; die Untersuchungshaft des Kindes reduziert dann wesentlich den Unterhaltsanspruch, wenn für Unterbringung, Verköstigung und Kleidung gesorgt wird; die Strafhaft des Kindes reduziert dann wesentlich den Unterhaltsanspruch; Waisenpension; Kinderrente; etc.

E) WANN IST UNTERHALT ANZUPASSEN?

Jeder Unterhaltspflicht wohnt – ohne dass es einer gesonderten Vereinbarung bedarf – die Umstandsklausel inne, weshalb jede maßgebliche Änderung der Verhältnisse dazu führt, den Unterhalt neu zu bemessen. Dies gilt auch für die Vergangenheit, längstens 3 Jahre zurück.

Eine solche Änderung ist jedenfalls gegeben, wenn etwa ein Alterssprung eintritt. 
Die Altersgruppen zum Regelbedarf sind in lit A), jene zum Prozentunterhalt in lit B) ersichtlich.

Auch wesentliche Einkommenserhöhungen ab 10 % (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 921) oder unverschuldete, wesentliche Einkommensminderungen des Unterhaltspflichtigen, als solche werden jene im Bereich von 8 % bis 10 % angesehen (Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 922), berechtigen zur Unterhaltsanpassung.

Natürlich sind auch wesentliche Sachverhaltsänderungen maßgeblich, wie etwa der Wechsel eines unselbständig erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen in die berufliche Selbständigkeit oder etwa eine Änderung im Eigeneinkommen des Kindes u.v.a.m.

F) ENDE DER UNTERHALTSPFLICHT

Kindesunterhalt steht grundsätzlich nur bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit zu. Diese liegt entweder – bei Kindern jedes Alters – bei ausreichenden Eigeneinkünften oder bei Abschluss der Berufsausbildung vor, wobei ein angemessener Zeitraum für die Stellensuche (etwa 6 Monate) zugebilligt wird. Für studierende Kinder ist zielstrebiges Verfolgen des Studiums Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch. Als Maß wird üblicherweise die durchschnittliche Studiendauer herangezogen. Verschiedene Judikate nehmen die Selbsterhaltungsfähigkeit, je nach Studium bzw. Einzelfall, zwischen der Vollendung des 25. bis zum 28. Lebensjahr an (z.B. für 27: 30.06.1993, ÖA 1994, 6). Liegen aber sonstige, etwa gesundheitliche Gründe (Behinderung etc.) vor, kann es sein, das eine Selbsterhaltungsfähigkeit nie eintritt.

Ab Erreichen der Volljährigkeit (= seit 01.07.2001: ab Vollendung des 18. Lebensjahres) ist das Kind eigenständig klagslegitimiert. Ist das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung (durch den Obsorgeberechtigten) noch minderjährig, ist das Pflegschaftsgericht im Außerstreitverfahren zuständig (vgl § 114 Abs 1 JN), ist es schon volljährig, ist sachlich das Bezirksgericht (vgl § 104a JN) zuständig, wo das volljährige präsumptiv unterhaltsberechtigte Kind seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (vgl § 114 Abs 2 JN), wobei hier im Wesentlichen die allgemeinen Zivilprozessregeln gelten.

G) „VORBEUGEN IST BESSER ALS HEILEN“

Es empfiehlt sich, bei Unklarheiten eher rasch den Rechtsanwalt zur Beratung aufzusuchen, denn egal ob man Unterhaltsberechtigter oder Unterhaltspflichtiger ist, so könnte beim Unterhaltsberechtigten ein möglicher Anspruch verjähren oder beim Unterhaltspflichtigen ein zu viel bezahlter Unterhalt als vom Unterhaltsberechtigten gutgläubig verbraucht nicht mehr zurückgefordert werden.

Was wird an Daten zur Unterhaltsberechnung benötigt?

  • bei Unselbständigen:
    1. das Jahresnettoeinkommen zuzüglich allfälliger Sachbezüge (nur der Privatanteil)
    2. das Jahresbruttoeinkommen ohne Weihnachtsremuneration und Urlaubsgeld
  • bei Selbständigen:
    1. das Jahresnettoeinkommen der letzten 3 Jahre
    2. das Jahresbruttoeinkommen der letzten 3 Jahre
    3. die Summe der Entnahmen der letzten 3 Jahre

 

Rasch geholfen, ist doppelt geholfen! Kontaktieren Sie daher bitte unsere Kanzlei unter office@heinke.at oder mich unter T: +43 1 532 26 16.

Dr. Eric HEINKE